Weil jedes Teilprojekt zwei großen Projektbereichen (Spannungsfeldern) angehört, sind die Arbeitsbereiche stark miteinander vernetzt und es ergibt sich ein enger Diskussionszusammenhang. In unserer konkreten gemeinsamen Forschungsarbeit bedeutet dies auch weitere, teilprojektübergreifende Forschungsinteressen auszumachen, die sowohl im Zentrum der Spannungsfelder liegen können als auch dazwischen.
Um diesen Fragen nachzugehen und einen interdisziplinären, transkulturellen Vergleich zu ermöglichen, sind geschützte Räume notwendig, in denen die verschiedenen Ansätze gemeinsam diskutiert, entwickelt, erprobt, zurückgewiesen oder geschärft werden können. In diesen kleineren Gruppen können sich insbesondere die Nachwuchswissenschaftler*innen hervorragend einbringen und sich darin üben, initiativ Verantwortung übernehmen, neue Ideen entwickeln und die Diskussion bereichern, wovon der gesamte Forschungsverbund erheblich profitiert.
Diesen Freiräumen haben wir die Bezeichnung ‚Interdisziplinäre Transkulturalitätswerkstätten‘ (ITWs) gegeben, um sowohl ihren transkulturellen Anspruch als auch ihren Charakter als experimentelle Arbeitsforen auszudrücken. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Arbeitsgruppen:
Die ITW verfolgt das Ziel, die ‚Autokratie‘ als eine spezifische Form von Macht und Herrschaft transkulturell vergleichend zu untersuchen. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, ob und wie das mit dem griechischen Wort ‚Autokratie‘ beschriebene Konzept angemessen auf Ordnungen übertragen werden kann, die sich erheblich von den in der griechischen Antike mit diesem Wort bezeichneten Ordnungen unterscheiden.
Geschlechterbezogene Konfigurationen von Macht und Herrschaft sind für den SFB 1167 von großem Interesse: Wir verstehen ‚Geschlecht‘ als moderne Analysekategorie, die dazu dienen soll, historisch veränderbare soziale und kulturelle Machtverhältnisse aus einem ganz bestimmten, aber elementaren Blickwinkel zu analysieren. In methodischer Hinsicht ist es dabei wichtig, Unterschiede wie Ähnlichkeiten zwischen heutigen, ‚modernen‘, und damaligen, ‚vormodernen‘, sozialen und kulturellen Rollenzuschreibungen auszumachen beziehungsweise vermeintlich feststehende Narrative als solche zu hinterfragen.
Die ITW „Der Herrscher visuell“ untersucht bildliche und verschriftlichte Visualisierungen von Herrschenden auf unterschiedlichen Trägern. Bei der Entwicklung eines transdisziplinären Zugangs steht das Verhältnis von Text und Bild ebenso im Fokus wie die grundsätzliche methodische Frage, inwiefern bildliche Darstellungen überhaupt historisierbar sind. Inhaltlich beschäftigt sich diese Arbeitsgruppe verstärkt neben anderen Aspekten mit der Funktion bildlicher Darstellungen im Kontext sakralen Herrschertums.
Die ITW „Herrscherkritik/Ratgeber“ verfolgte zunächst das Ziel, Kriterien der Kritik zu entwickeln, die sich gegen oberste Herrschaftsträger*innen richtete. In komparativer Arbeitsweise wurden Fallbeispiele der einzelnen Teilprojekte vorgestellt und diskutiert, um ein Schema zu erarbeiten, mit dessen Hilfe die Kritik am Herrscher oder an der Herrscherin kategorisiert werden kann.
Die ITW „Historische Semantik“ richtete ihr Augenmerk zunächst auf das semantische Feld ‚Herrscher*in‘. Dieses wurde vergleichend diskutiert und so eine Art ‚Werkzeugkasten‘ geschaffen, der die semantische Arbeit innerhalb der jeweiligen Teilprojekte bereichert, insbesondere aber auch für die interdisziplinäre Zusammenarbeit genutzt werden kann.
Die ITW „Hof“ ist ein Gemeinschaftsunternehmen des SFB, des Annemarie-Schimmel Kollegs „History and Society during the Mamluk Era (1250–1517)“ und des DFG-Schwerpunktprogramms (SPP) 1981 ‚Transottomanica‘. Den ersten Ergebnissen dieser Zusammenarbeit zufolge sind Höfe als soziale Einheiten zu charakterisieren, die sich aus Personen konstituieren, die geregelten Zugang zum Herrscher oder zur Herrscherin haben. Ihre Interaktionen untereinander (und mit den Herrschenden) werden bestimmt durch Patronage, Rivalität sowie den Austausch ökonomischen, kulturellen und sozialen Kapitals.
Die ITW „Konsens“ verfolgt das Ziel, über den konkreten Blick auf konsensuale Elemente vormoderner politischer Entscheidungsfindung das Konzept der „Konsensualen Herrschaft“ (Bernd Schneidmüller) weiter zu schärfen und seine transkulturelle Tragfähigkeit zu überprüfen. Die vermeintliche Unbeschränktheit der Entscheidungsgewalt oberster Herrschaftsträger*innen in vormodernen Ordnungen soll dadurch weiter hinterfragt und dem Aushandlungscharakter von Herrschaft noch größere Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Die ITW „Legitimation“ hat das Thema ‚Herrschaftsübergänge‘ in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen gestellt und dabei vor allem die Frage nach ‚Regel‘- und ‚Normalfällen‘ diskutiert, die in allen beteiligten Disziplinen nach dem Kriterium der Legitimität (z.B. Abstammung, Voherbestimmung, persönliche Eignung) unterschieden werden.
Die ITW „Materielle Aspekte von Macht und Herrschaft“ möchte vor allem die materielle Inszenierung von Macht und Herrschaft untersuchen und der Frage nachgehen, wie Macht und Herrschaft symbolisiert, repräsentiert und legitimiert werden. So wird etwa die in vielen Textquellen als Ideal formulierte Aufgabe der Herrschenden in den Mittelpunkt gestellt, für das wirtschaftliche Auskommen der Untergebenen zu sorgen.
Anders als die Spannungsfelder sind die ITWs lockere Verbünde mit flexibler Arbeitsweise, die immer zum Ziel haben, in die Spannungsfelder, in oder zwischen denen sie angesiedelt sind, zurückzuwirken. Zu diesem Zweck werden zum Beispiel Workshops veranstaltet und Sammelbände publiziert, oder auch Forschende von außerhalb des SFB in die Arbeitsgruppen integriert.