Herrschaftsrepräsentation und Zeremoniell am Moghulhof

Aus Macht und Herrschaft
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14 – TP Orthmann


Iranistik

Das Teilprojekt nähert sich der herrscherlichen Repräsentation und dem Zeremoniell am Moghulhof durch die Untersuchung von Festen und Audienzen. Es nimmt dadurch einerseits die Rolle des Hofes und speziell des Herrschers als Institution mit bestimmten öffentlichen Funktionen in den Blick, andererseits Fragen der Legitimität und Sakralität des Herrschers, die durch das öffentliche Zeremoniell täglich außenwirksam inszeniert werden. Ziel der Untersuchung ist ein besseres Verständnis der ideologischen Selbstinszenierung der Herrscher und ihres Wandels sowie der Beziehung und Beziehungspflege zwischen verschiedenen Eliten und dem Herrscher.

 

Abstract

 

Ergebnisse - was wurde erreicht?

Das Projekt ‚Herrschaftsrepräsentation und Zeremoniell am Moghulhof‘ hat sich bei Antragstellung zum Ziel gesetzt, einerseits Feste und Feiern am Hof zu untersuchen und zum anderen das täglich stattfindende Zeremoniell, das insbesondere in der Audienz zum Ausdruck kam, in den Blick zu nehmen.

Als grundlegender Bestandteil sowohl der festlichen wie auch der alltäglichen Interaktion zwischen Herrscher und Elite sowie als zentrales Feld der Herrschaftsrepräsentation, wurde zunächst die Audienz am Moghulhof ins Zentrum der Projektarbeit gestellt. Zur interdisziplinären und transkulturellen Annäherung an Audienzformate veranstaltete das Projekt den internationalen Workshop ‚The Ceremonial of Audience‘, dessen Ergebnisse im gleichnamigen Sammelband veröffentlicht werden. Um der Untersuchung von Audienzen eine historische Tiefendimension zu verleihen und Kontinuitäten innerhalb der islamischen Welt aufzuzeigen, wurden dabei von Prof. Orthmann Audienzen am Ghaznavidenhof beleuchtet, und durch einen Beitrag von Prof. Shekhar zum Delhisultanat eine Brücke ins Moghulreich geschlagen (letzterer leider nicht veröffentlicht). Die Diskussion während des Workshops verdeutlichte die Diversität von Interaktionsformen in verschiedenen Kulturen und Höfen; es wurde somit klar, dass eine am europäischen Hofmodell orientierte Methodik nur unzureichend geeignet ist, nicht-europäische vormoderne Höfe zu untersuchen. Der gemeinsame Sammelband macht auch die auf dieser Erkenntnis aufbauenden methodischen Überlegungen des Workshops der Öffentlichkeit zugänglich. Ein vielversprechender Ansatz ist es etwa, zunächst nach Formaten der Interaktion oder meeting formats im betreffenden Hof zu suchen, und nicht von einem formalisierten Audienzverständnis auszugehen. So lassen sich transkulturelle Gemeinsamkeiten ebenso besser erkennen, wie die zum Teil sehr feinen Differenzierungen im Audienzgeschehen des Moghulhofs.

Um für Audienzdarstellungen auch eine kunsthistorische Perspektive zu gewinnen, wurde in der Zeit der Vertretung von Dr. Kollatz (1.4.19–31.3.20) eine Kunsthistorikerin mit der Untersuchung von Miniaturdarstellungen von moghulzeitlichen Audienzen beauftragt.

Die vorgesehene ‚Kartierung‘ von Festen und Feiern am Moghulhof hat mit einer Datenbank von Festdarstellungen in Moghulminiaturen sowie einer Untersuchung der zur Hofliteratur zählenden persischen Quellen der Moghulzeit auf Festbeschreibungen ihren Anfang genommen. War auch für die Textquellen die Erstellung einer Datenbank mit Textbelegen zu verschiedenen Festen (islamische Feste, hindu-religiöse Feste, aus der perso-islamischen Tradition übernommene Feste wie etwa das persische Neujahrsfest Nouruz) geplant, so erwies sich sehr schnell, dass die ediert vorliegenden Quellen nur sehr oberflächlich von Festen berichten und zumeist eine intendierte Leserschaft vorauszusetzen scheinen, die mit den Abläufen bestens vertraut ist. Somit eigneten sich die Befunde nicht zur Erstellung eines Festkalenders und zur Untersuchung der mit den einzelnen Festen verknüpften Rituale und Zeremonien.

Durch die zu Projektbeginn neu ins Leben gerufene Kooperation mit Prof. Chander Shekhar (Universität Delhi) hat sich jedoch die Möglichkeit eröffnet, Einblick in Manuskriptmaterial in indischen Bibliotheken zu erhalten. Die Projektleiterin und die Mitarbeiterin konnten in mehreren Archivreisen bisher unbearbeitete Textbestände erschließen (Reisen nach Hyderabad, Kalkutta, Varanasi, Patna, Lucknow, Aligarh, Delhi), die höchst interessantes Material zutage förderten, das aber aufgrund seiner Diversität für den ursprünglichen Arbeitsplan (Erstellung einer Datenbank) nicht geeignet schien. Vielmehr bot sich das Material für einen textzentrierten, auf die historischen Narrative der jeweiligen Quellen konzentrierte Betrachtung der Repräsentation von Herrschaft in zeremoniell durchformten wie informellen Interaktionen zwischen Herrscher und Elite im Zusammenhang mit Festen an. Im Folgenden ging die Projektarbeit daher entlang von Einzelstudien voran, die folgende Schwerpunkte beleuchtet haben: Interaktion zwischen Herrscher und weiblichen sowie männlichen Dynastiemitgliedern und weiteren Eliten in der formativen Phase des Moghulreichs (Regierungszeiten Humayuns und Akbars am Beispiel der Prinzessin Gulbadan Begum), weibliche Agency und Legitimationsstrategien im Zusammenhang mit der Herrschaftsnachfolge von Jahangir zu Shah Jahan (am Beispiel einer Propagandaschrift zu Ehren der Kaiserin Nur Jahan); Herrscher-Eliten-Interaktion mit besonderem Augenmerk auf integrative Strategien unter Jahangir und Shah Jahan; die Feier von Nouruz in der Zeit von Babur bis Shah Jahan. Die Projektleiterin hat darüber hinaus zu ʿAbd ar-Raḥīm Khān-e Khānān als zentraler Figur der Moghulelite publiziert und zwei internationale summerschools zum Thema ‚Indo-Persian records‘ veranstaltet.

Das Teilprojekt hat ferner einen zunächst nicht geplanten, aufgrund der Quellenlage und der aufkommenden Diskussion von weiblicher Partizipation an Macht und Herrschaft aber für die Kooperation innerhalb des SFB vielversprechenden Fokus auf weibliche Personen im nächsten Umfeld des Herrschers gesetzt, die zum Teil auch Herrschaft ausübten oder dies zumindest anstrebten. Zu diesem Themenbereich hat das Teilprojekt einen weiteren internationalen Workshop organisiert, an dem neben einem indischen Gast (Prof. Najaf Haider, JNU Delhi) zahlreiche Mitglieder des SFB beteiligt waren (Prof. Dr. Mechthild Albert, Dr. Stefanie Dick, Dr. Linda Dohmen, Dr. Anna Kollatz, Dr. Emma O’Loughlin Bérat, Prof. Dr. Eva Orthmann, Dr. Tilmann Trausch, Theresa Wilke M.A.). Schließlich hat sich das TP 14 mit einem Beitrag zur Repräsentation der Kaiserin Nur Jahan an der von Dr. Tilmann Trausch (TP 06) organisierten ITW ‚Legitimation‘ und dem daraus hervorgehenden Sammelband beteiligt.

Forschungsdaten - wo sind sie zu finden?

 

Primärquellen

 

Sekundärquellen - Bibliografie

Publikationslisten

Veröffentlichungen

  • Anna Kollatz (2019), Where is ‘the audience’? Who is ‘the audience’? Approaching Mughal spaces of social interaction, in: The Ceremonial of Audience. Transcultural Approaches, in: Eva Orthmann/Anna Kollatz (eds.), The Ceremonial of Audience. Transcultural Approaches (Macht und Herrschaft 2), Göttingen, 113–141.
  • Dies. (2017), Der Lauf der Dinge aus weiblicher Perspektive: Gulbadan Bēgums (st. 1503) Geschichte aus der Innensicht des Mogulhofes, in: Stephan Conermann (ed.), Wozu Geschichte? Historisches Denken in vormodernen historiographischen Texten. Ein transkultureller Vergleich (Bonner Asienstudien 18) Berlin 2017, 143–168.
  • Eva Orthmann (2019), It was a day of great splendor: Audiences at the Ghaznavid court, in: Eva Orthmann/Anna Kollatz (edd.), The Ceremonial of Audience. Transcultural Approaches (Macht und Herrschaft 2), Göttingen, 93–111.
  • Dies. (2017), “The donor is somebody else”.‘Abdur Rahim Khan-i-Khanan as Patron and Benefactor, in: Shakeel Hossain/Deeti Ray (edd.), Celebrating Rahim, Ahmedabad, 72–86.
  • Dies./Anna Kollatz (edd.) (2019), The Ceremonial of Audience. Transcultural Approaches (Macht und Herrschaft 2), Göttingen.

Tagungsteilnahmen

 

Veranstaltungen (Kolloquien, ...)

  • Workshop: „Reading Mughal Court Documents“ mit Prof. Dr. Chander Shekhar (29.08.16–31.08.16)
  • Workshop: „The Ceremonial of Audience: Transcultural Perspectives on Pre-modern Representations of Power (16./17.06.17)
  • Workshop: „Female Participation in Macht and Herrschaft“ (12.12.17)
  • Vortrag im Rahmen der Kinderuni: Prof. Dr. Eva Orthmann zum Thema „Wie trifft man einen König?“ (05.02.18)

Projekt

Projektleitung


Prof. Dr. Eva Orthmann

Georg-August-Universität Göttingen
Seminar für Iranistik
Heinrich-Düker-Weg 14
37073 Göttingen

+49-(0)551-3924395

eva.orthmann[at]uni-goettingen.de

 

 

Projektmitarbeit


Dr. Corinna Forberg (Wissenschaftliche Mitarbeiterin)

Georg-August-Universität Göttingen
Seminar für Iranistik
Heinrich-Düker-Weg 14
37073 Göttingen

+49-(0)551-3924395

corinna.forberg[at]uni-goettingen.de

Dr. Anna Kollatz (Wissenschaftliche Mitarbeiterin)

Sonderforschungsbereich 1167 "Macht und Herrschaft"
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Poppelsdorfer Allee 24
53115 Bonn

+49-(0)228-7354472

akollatz[at]uni-bonn.de

 

Spannungsfelder assoziierte TP's

 

Aktuelle Forschung (Andere Projekte mit ähnlicher Forschung)

 

 

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