Der Herrscher visuell

Aus Macht und Herrschaft
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Die ITW (TP 05 Brüggen, TP 10 Kellermann, TP 13 Morenz, TP 14 Orthmann, TP 17 Schwieger, TP 20 Vössing, TP 21 Wolter-von dem Knesebeck, TP 22 Stieldorf) untersucht Visualisierungen des Herrschers, wobei es sich um bildliche Darstellungen auf unterschiedlichen Trägern, aber auch um Ekphrasen handeln kann. Bei der Entwicklung eines transdisziplinären Zugangs stehen das Verhältnis von Text und Bild ebenso im Fokus wie die grundsätzliche methodische Frage, inwiefern bildliche Darstellungen überhaupt historisierbar sind.

Inhaltlich rückte bald die Frage in den Mittelpunkt, welche Funktionen bildliche Darstellungen im Kontext sakralen Herrschertums besitzen. Dazu fand im Juni 2018 ein Workshop statt, der wichtige Einblicke in die Möglichkeiten eines transkulturellen Vergleichs erbrachte: Während sich unter dem Einfluss des Christentums eine Vergöttlichung des Herrschers im europäischen Mittelalter nicht mehr im Bild nachweisen lässt und selbst visuelle Verweise auf eine besondere Nähe des Königs oder Kaisers zu Gott ein ambivalentes Changieren zwischen innerweltlichen und transzendenten Bezügen aufweisen, kann dies in anderen religiösen Kontexten völlig anders aussehen. So verweisen Münzbilder der römischen Kaiserzeit durchaus auf die (postume) Divinisierung des Kaisers und auch seiner Familie als Abgrenzungsstrategie gegenüber den Eliten sowie zur allgemeinen Herrschaftslegimitation. Im tibetischen Kulturraum finden sich sowohl Konzepte von inkarnierter Göttlichkeit (tibetischer Zentralraum) als auch von göttlicher Abstammung und Gottähnlichkeit (Ladakh), die in Bildern wie auch in Texten (z. B. der Intitulatio in Herrscherurkunden) umgesetzt werden. Für das Ägypten des 4. und 3. Jahrtausends v. Chr. zeigt sich, wie der Begriff ma’at, der zunächst ‚Geradheit‘ bedeutete und mit einem einfachen Rechteck widergegeben wurde, zunehmend um Bedeutungselemente auch numinosen Inhaltes angereichert und zu einem zentralen Ordnungsbegriff des sich ausbildenden Territorialstaates wurde. Nach einem vorbereitenden Workshop im Herbst 2018 über Darstellungen oberster Herrschaftsträger organisierten die Teilprojekte 21 Wolter-von dem Knesebeck und 22 Stieldorf im Januar 2019 einen zweitägigen Workshop zum Thema ‚Haus und Herrschaft (visuell)‘, in dem Beteiligte aus der Archäologie, Germanistik, Geschichtswissenschaft, Kunstgeschichte und Tibetologie den Zusammenhang von Haus und Herrschaft jenseits der Sozialromantik Otto Brunners diskutierten und sich dabei an Joachim Eibach und Inken Schmidt-Voges orientierten. Dabei wurde der Begriff ‚Haus‘ absichtlich weit gefasst und etwa auf Architektur und Architektur¬ensembles, auf die Familie/Dynastie des Herrschers, die familia im weiteren Sinne, aber auch auf den Hof übertragen. Die seitens der historischen Hausforschung erwünschte Neubehandlung des Themas ‚Haus und Herrschaft‘ sowie die bislang unterbliebene Fokussierung auf dessen visuelle Ebene wurden damit grundlegend vorangetrieben. Die Drucklegung des Tagungsbandes wird vorbereitet.