Legitimation
Die ITW (TP 06 Conermann, TP 11 Klaus, TP 14 Orthmann, TP 15 Plassmann, TP 16 Schwermann, TP 19 Taranczewski/Schley, TP 20 Vössing, TP 21 Wolter-von dem Knesebeck) hat das Thema ‚Herrschaftsübergänge‘ in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen gestellt und dabei vor allem die Frage nach ‚Regel‘- und ‚Normalfällen‘ diskutiert, die in allen beteiligten Disziplinen nach dem Kriterium der Legitimität unterschieden werden. Als Regelfall gilt vor allem der Übergang der Herrschaft auf den Sohn oder die Söhne eines Herrschers. Schwieriger gestaltete sich die Annäherung an sogenannte Sonderfälle, wobei es besser scheint, von einem im Urteil der Zeitgenossen ungewöhnlichen Herrschaftsübergang zu sprechen. Dabei kann es sich um einen Dynastiewechsel handeln, das Fehlen eines geeigneten Erben, das Übergehen des ältesten Sohns, den Sturz eines Herrschers und ähnliches mehr. Zentral bleibt hier die Frage nach der Legitimität, verstanden als soziale Akzeptanz. Entscheidend für deren Formulierung sind die politischen Eliten, deren Diskurse die Quellen wiedergeben. Die Frage nach der Legitimität eines bestimmten Herrschaftsübergangs kann von mindesten zwei Seiten diskutiert werden: Zum einen gibt es Personen, die einen legitimen Anspruch auf Herrschaft haben, und zum anderen kann eine Herrschaft erst im Nachhinein legitimiert werden, wobei beide Aspekte sich in verschiedenen Ausprägungen überlagern können.
Auf der Basis der Überlegungen wurde im März 2018 ein Workshop mit auswärtigen Gästen aus der Ägyptologie, der Altamerikanistik, der Alten und Mittelalterlichen Geschichte sowie der Islamwissenschaft abgehalten, um das Phänomen des Herrschaftsübergangs in transkultureller Perspektive zu diskutieren. Im Rahmen der jeweiligen Beiträge wurde die Hierarchie einzelner legitimierender Argumente wie Abstammung, Vorherbestimmung, persönliche Eignung, Anerkennung des Status quo etc. untersucht, die vor allem in den Quellen genutzt wurden, um einen Herrschaftsübergang zu charakterisieren. Darüber hinaus wurde diskutiert, was den jeweiligen Sonderfall tatsächlich als Sonderfall ausweist und nach welchen Kriterien diese Einordnung geschieht. Auf diese Art und Weise konnten weiterführende Vergleichspunkte für die Frage nach der Legitimation eines Herrschaftsübergangs erarbeitet werden: Welche Kreise sind für die Anerkennung eines Herrschers oder auch einer Herrscherin entscheidend, wie genau wird diese vollzogen und wie unterscheidet sie sich von anderen Legitimationsstrategien? Gab es bei sogenannten Sonderfällen spezielle Anerkennungsakte? Und schließlich: Wie veränderte der zeitliche Abstand die Perspektive der Quellen auf die Legitimationsfrage? Die Ergebnisse zeigen im transkulturellen Vergleich das hohe Interesse der politischen Eliten, die mit einem Herrschaftsübergang verbundene Kontingenz zu überwinden. In der Praxis suchten diese Eliten nach Lösungen, die für die meisten Beteiligten akzeptabel waren. Dieses Ziel zu erreichen, war in Zweifels- oder Konfliktfällen wichtiger, als theoretischen Vorgaben zu folgen, die aus der Tradition oder der Religion abgeleitet waren. Die Ergebnisse der ITW liegen in Form eines Sammelbandes in gedruckter Form vor.[1][1]Trausch (ed.) 2019.