Königsherrschaft im mittelalterlichen Kaschmir, dargestellt nach der Rājataraṅgiṇī des Kalhaṇa: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Macht und Herrschaft
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'''11 – TP Klaus'''


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! style="width: 200px" | Teilprojekt
Das Teilprojekt untersucht die Fragestellungen zu Aspekten der Teilhabe an Macht und der Ausübung von Herrschaft anhand der Darstellung des kaschmirischen Dichters Kalhaṇa (gest. 1149/1150) und richtet daher einen besonderen Fokus auf das mittelalterliche Kaschmir.
| [[Teilprojekte::Königsherrschaft im mittelalterlichen Kaschmir, dargestellt nach der Rājataraṅgiṇī des Kalhaṇa|11 – TP Klaus]]
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'''Spannungsfelder'''
! Fachbereich
| [[Fachbereich::Indologie]]
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! Spannungsfelder
| [[Spannungsfelder::Spannungsfeld B|Personalität und Transpersonalität]]
[[Spannungsfelder::Spannungsfeld D|Kritik und Idealisierung]]


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! Interdisziplinäre Transkulturalitätswerkstätten
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[[Spannungsfelder::Spannungsfeld_B|B: Personalität und Transpersonalität]]
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[[Spannungsfelder::Spannungsfeld_D|D: Kritik und Idealisierung]]
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'''Interdisziplinäre Transkulturalitätswerkstätten'''
 
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[[ITW::Historische Semantik]]
[[ITW::Historische Semantik]]
 
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[[ITW::Hof]]
[[ITW::Hof]]
 
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[[ITW::Herrscherkritik/Ratgeber]]
[[ITW::Herrscherkritik/Ratgeber]]
 
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[[ITW::Frau(en) des Herrschers/Weibliche Herrschaft]]
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[[ITW::Materielle Aspekte von Macht und Herrschaft]]
[[ITW::Materielle Aspekte von Macht und Herrschaft]]
 
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[[ITW::Legitimation]]
[[ITW::Legitimation]]
 
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[[ITW::Autokratien – Legitimation und Partizipation]]
[[ITW::Autokratien – Legitimation und Partizipation]]
 
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Der sozioökonomische und kulturelle Wandel im Spätmittelalter ermöglichte es Publizisten, als ‚Meinungsbildner’ in einem sich neu strukturierenden öffentlichen Raum aufzutreten. Die Publizistik, so die hier vertretene Forschungshypothese, fungiert als frühe Form von Kontrolle über Herrschaft durch ‚öffentliche Meinung’. Das Teilprojekt bezieht sich auf Texte, die in ihrer Gesamtheit noch nie Gegenstand der Forschung waren, um das Phänomen der spätmittelalterlichen Publizistik literaturwissenschaftlich und im Hinblick auf eine spezifische politische Kommunikation neu bestimmen zu können.
 
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== Abstract ==
== Abstract ==


Ziel des Teilprojektes ist es, ausgehend von einer narratologisch informierten Analyse und Beschreibung dessen, was in der Rājataraṅgiṇī des Kalhaṇa aus dem bzw. über das Leben der Herrscher von Kaschmir erzählt wird, und der Art und Weise, wie es erzählt wird, sämtliche zur Sprache gebrachten Formen und Praktiken von Macht und Herrschaft durch den König zu erfassen und auszuwerten. Es soll herausgearbeitet werden, wie Macht- und Herrschaftsbeziehungen von Kalhaṇa wahrgenommen und in seinem Werk dargestellt werden, und welche Vorstellungen und Überzeugungen ihn bei der Darstellung leiten.
<span style="line-height:normal"><span style="text-autospace:none"><span style="font-family:">Den Ausgangspunkt des Teilprojektes bildet die nicht ganz 8.000 Strophen umfassende</span></span></span> ''Rājataraṅgiṇī'' <span style="line-height:normal"><span style="text-autospace:none"><span style="font-family:">(„Der Strom der Könige“) des Kalhaṇa, ein behelfsmäßig zumeist als ‚Chronik‘ bezeichnetes Werk, in dem die Geschichte der Herrscher von Kaschmir von einer mythischen Anfangszeit bis zum Jahr 1149/50 n. Chr., dem Jahr der Vollendung des Werkes, erzählt wird. In beeindruckender Weise erfüllt der Autor Kalhaṇa darin den von ihm selbst in der Einleitung des Werkes erhobenen Anspruch auf Faktizität und Literarizität – den Anspruch auf Faktizität durch ein zwar von (zumindest aus unserer Sicht) phantastischen Elementen nicht völlig freies, aber doch für indische Verhältnisse bemerkenswert realistisches, auf eine mythologische „Einbettung“ (THAPAR 1994) des Geschehens weitgehend verzichtendes, vielfach zumindest potentiell in einer außertextlichen Wirklichkeit referenzialisierbares historisches Erzählen, das auf ausgiebigem Quellenstudium beruht und sich um eine faire Beurteilung der Protagonisten der Geschichte bemüht; den Anspruch auf Literarizität durch die Verwendung von Darstellungsformen, die dem Bereich fiktionalen Erzählens zuzuordnen sind (etwa Figurenrede oder Darstellung des Innenlebens der Figuren) und vormoderne indische ästhetische Normen erfüllen (etwa die durchgängige Verwendung von Laut- und Sinnfiguren, durch die eine bestimmte, vom Rezipienten zu genießende Stimmung hervorgerufen werden soll). Zusätzliche Komplexität gewinnt der Text durch zahlreiche Erzählerkommentare, die beispielsweise seine Didaktizität verstärken – zukünftigen Herrschern sollen Cäsarenlaunen ausgetrieben und Mäßigung nahegelegt, in allen übrigen Rezipienten hingegen Einsicht in die Unzulänglichkeiten menschlicher Existenz und Sehnsucht nach Erlösung erzeugt werden , oder dazu dienen, Probleme zu benennen und zu reflektieren, die sich bei der narrativen Repräsentation der Wirklichkeit auftun. Anders als die Autoren anderer, beispielsweise der in Indien weit verbreiteten panegyrischen Dichtungswerke erzählt Kalhaṇa nicht nur von Königen, die in mustergültiger Weise die für das Königtum geltenden Normen erfüllen, sondern ebenso, gar überwiegend, von scheiternden Königen, von solchen, die mit der ihnen durch ihre hervorgehobene Stellung zuwachsenden Verantwortung nicht zurechtkommen, von paranoiden Versagern, sexsüchtigen Verschwendern und grausamen Tyrannen. Und durch die gekonnte Ausnutzung fiktionaler Spielräume gelingt es ihm vorzüglich, all diese verschiedenen Herrscher in einer Vielzahl von Lebens- und Handlungssituationen vorzuführen, in öffentlichen wie in privaten.</span></span></span>


Den Ausgangspunkt des hier vorgeschlagenen TP 11 bilden drei auf Sanskrit verfasste episch-chronikalische Werke, in denen die Geschichte der Herrscher von Kaschmir von einer mythischen Anfangszeit an bis zum letzten Viertel des 15. Jahrhunderts n. Chr. erzählt wird. Bei den Werken handelt es sich zum einen um die Rājataraṅgiṇī des Kalhaṇa (ca. 1100–1150), die bereits in der ersten Projektphase als zentraler Quellentext gedient hat und noch dient, und zum anderen um die bislang noch gänzlich unberücksichtigt gebliebenen Rājataraṅgiṇīs des Jonarāja († 1459) und des Śrīvara († 1486). Während Kalhaṇa in nicht ganz 8000 Strophen den gewaltigen, etwa 3600 Jahre umfassenden Zeitraum bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts abdeckt und dabei die teils von seinen unmittelbaren Vorfahren, teils von ihm selbst miterlebten Jahre 1063–1149/50 besonders ausführlich behandelt – der Bericht über diese nimmt etwa zwei Drittel des gesamten Werkes in Anspruch –, erzählt Jonarāja in nicht ganz 1000 Strophen die Geschichte der Herrscher von Kaschmir in den Jahren 1149/50–1458/59 und schildert dessen Schüler Śrīvara aus der Sicht des Zeitgenossen in über 2000 Strophen die Entwicklungen im Kaschmirtal während der Jahre 1458/59–1486. Aufs Ganze gesehen steht damit insbesondere der im Rahmen der europäischen Geschichte als Hoch- und Spätmittelalter bezeichnete Zeitraum im Fokus, in dem für das Kaschmirtal äußerst bedeutsame Ereignisse stattgefunden haben, so vor allem die Errichtung einer Jahrhunderte dauernden muslimischen Herrschaft durch den Usurpator Šams ad-Dīn Ibn Ṭāhir Mirzā (Šāh Mīra) im Jahr 1339, ein Ereignis, das bis heute gravierende Auswirkungen in der Region zeitigt.
<span style="line-height:normal"><span style="text-autospace:none"><span style="font-family:">Ziel des Teilprojektes ist es, ausgehend von einer genauen, narratologisch informierten Analyse und Beschreibung dessen, was in der</span></span></span> ''Rājataraṅgiṇī'' <span style="line-height:normal"><span style="text-autospace:none"><span style="font-family:">aus dem bzw. über das Leben der Herrscher von Kaschmir erzählt wird, und der Art und Weise, wie es erzählt wird, sämtliche von Kalhaṇa zur Sprache gebrachten Formen und Praktiken von Macht und Herrschaft durch den König zu erfassen und im Hinblick auf die übergeordneten Fragestellungen des SFB auszuwerten. Dabei muss und soll stets die Tatsache im Auge behalten werden, dass es sich bei der</span></span></span> ''Rājataraṅgiṇī'' <span style="line-height:normal"><span style="text-autospace:none"><span style="font-family:">um ein Werk der Dichtkunst handelt, betont doch Kalhaṇa selbst in der Einleitung zu seinem Werk, dass er sich zwar einerseits um äußerste Faktentreue bemüht, dass es aber andererseits seine dichterische Imaginationskraft (Sanskrit </span>''<span style="font-family:">pratibhā</span>''<span style="font-family:">) ist, die ihn in die Lage versetzt, die Personen und die Ereignisse vergangener Zeiten wieder lebendig werden zu lassen. Vor diesem Hintergrund soll weniger über den Grad der Historizität dessen, was in der</span></span></span> ''Rājataraṅgiṇī'' <span style="line-height:normal"><span style="text-autospace:none"><span style="font-family:">erzählt wird, spekuliert werden, vielmehr soll herausgearbeitet werden, wie Macht- und Herrschaftsbeziehungen von Kalhaṇa wahrgenommen und in seinem Werk dargestellt werden, und welche Vorstellungen und Überzeugungen ihn bei der Darstellung leiten.</span></span></span>


Auch wenn in allen drei genannten Texten in der Regel die jeweils in Kaschmir herrschenden Könige die zentralen Figuren darstellen, so wird darin doch auch – und zwar bisweilen ausführlich – von einem mehr oder weniger großen, auf den ersten Blick einigermaßen heterogen erscheinenden Kreis von Personen in deren unmittelbarem Umfeld erzählt, mit denen sie mehr oder weniger regelmäßig interagieren: von männlichen und weiblichen Mitgliedern des jeweiligen Königshauses, von königlichen Beratern und zahlreichen weiteren Funktionsträgern, von Konkubinen und Günstlingen der Könige, von Gesandten und Flüchtlingen aus dem Ausland, von teils in der Hauptstadt, teils auf ihren Landsitzen im Kaschmirtal lebenden Vertretern einer ländlichen Oberschicht und anderen mehr. Nachdem diese Personen, die im Hinblick auf Macht und Herrschaft zumindest von der Idee her eine Mittelstellung zwischen den Herrschern auf der einen und der Masse der Bevölkerung auf der anderen Seite einnehmen und die wir zusammenfassend als die herrschernahen Eliten des Reiches be¬zeichnen können, in der ersten Projektphase nur insoweit Gegenstand der Untersuchung gewesen sind, als die Könige bei der Teilhabe an Macht und Ausübung von Herrschaft mit ihnen kooperieren oder auch konkurrieren, sollen sie in der zweiten Projektphase in den Mittelpunkt des Interesses rücken. Das Ziel des TP 11 ist es, von einer narratologisch informierten Analyse der drei erwähnten Quellentexte ausgehend (1) einen Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit und religiöse Identität gleichermaßen berücksichtigenden, detaillierten Überblick über die verschiedenen im mittelalterlichen Kaschmir vorhandenen Elitengruppen zu gewinnen, (2) Biografien repräsentativer Vertreter der verschiedenen Eliten zu erarbeiten und (3) auf dieser Basis die Formen der Interaktion innerhalb der einzelnen Elitengruppen, zwischen den verschiedenen Elitengruppen sowie zwischen den verschiedenen Elitengruppen und dem Herrscher bei der Teilhabe an Macht und der Ausübung von Herrschaft im mittelalterlichen Kaschmir systematisch zu untersuchen. Dabei soll wie schon während der ersten Projektphase nicht so sehr die Frage nach der Historizität dessen, was in den Rājataraṅgiṇīs erzählt wird, im Vordergrund stehen, sondern es soll herausgearbeitet werden, wie das Tun und Lassen der Eliten, wie ihr Mitwirken bei der Teilhabe an Macht und der Ausübung von Herrschaft von den Autoren der Rājataraṅgiṇīs wahrgenommen und bewertet wird.
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== Ergebnisse - was wurde erreicht? ==
== Ergebnisse - was wurde erreicht? ==


Während der noch laufenden ersten Projektphase besteht das Ziel des TP 11 darin, sämtliche in Kalhaṇas Rājataraṅgiṇī zur Sprache kommenden Formen, Praktiken, Aspekte der Teilhabe an Macht und der Ausübung von Herrschaft durch den obersten Herrschaftsträger zunächst einmal zu erfassen und den so ermittelten Befund dann im Hinblick auf die übergeordneten Fragestellungen des Sonderforschungsbereichs und im ständigen Austausch mit den übrigen TPs auszuwerten. Dabei stehen insbesondere Fragen (1) der Begrifflichkeit, (2) der Personalität und Transpersonalität von Macht und Herrschaft (Spannungsfeld B) sowie (3) der Kritik und/oder Idealisierung der Ausübung von Macht und Herrschaft durch den obersten Herrschaftsträger (Spannungsfeld D) im Mittelpunkt des Interesses.
Während der ersten Projektphase bestand das Ziel des TP 11 darin, sämtliche in Kalhaṇas ''Rājataraṅgiṇī'' zur Sprache kommenden Formen, Praktiken, Aspekte der Teilhabe an Macht und der Ausübung von Herrschaft durch den obersten Herrschaftsträger zunächst einmal zu erfassen und den so ermittelten Befund dann im Hinblick auf die übergeordneten Fragestellungen des Sonderforschungsbereichs und im ständigen Austausch mit den übrigen TPs auszuwerten. Dabei stehen insbesondere Fragen (1) der Begrifflichkeit, (2) der Personalität und Transpersonalität von Macht und Herrschaft (Spannungsfeld B) sowie (3) der Kritik und/oder Idealisierung der Ausübung von Macht und Herrschaft durch den obersten Herrschaftsträger (Spannungsfeld D) im Mittelpunkt des Interesses.


Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Arbeit im TP 11 in vollem Umfang erst mit Arbeitsbeginn der wissenschaftlichen Mitarbeiterin zum 1. Januar 2017, also erst ein halbes Jahr nach der Einrichtung des SFB, aufgenommen werden konnte, hat die systematische Verzettelung des Quellentextes mit Hilfe des Programms ‚Citavi‘ gute Fortschritte gemacht. Ein erster vollständiger Durchgang wird bis zum Ende dieses Jahres (2019) abgeschlossen sein, und für eine ganze Reihe von Begriffen liegen bereits jetzt komplette Belegsammlungen vor, beispielsweise für solche, die wie vikrama- m., wörtlich „(energisches, zielstrebiges) Ausschreiten“, freier „entschlossenes, energisches, kraftvolles, mutiges Auftreten“, oder pratāpa- m., wörtlich „Glut, Hitze“, freier vielleicht „Glanz, Glorie, Herrlichkeit“ (?), Tugenden oder jedenfalls Eigenschaften des Herrschers bezeichnen. Einschränkend ist in diesem Zusammenhang zu sagen, dass das ursprüngliche Ziel, den gesamten Text nur einmal systematisch durchzuarbeiten, trotz aller Bemühungen nicht erreicht werden kann, weil sich durch die vertiefte Beschäftigung mit der Thematik und vor allem durch die intensive Zusammenarbeit mit den anderen TPs die Spannbreite der an den Text herangetragenen Fragestellungen kontinuierlich erweitert hat, so dass zumindest im Fall der zuerst in Angriff genommenen Bücher 4–7, d. h. im Fall von etwa zwei Fünfteln des Textes, noch einige Ergänzungen vorgenommen werden müssen.
Die systematische Verzettelung des Quellentextes hat gute Fortschritte gemacht und für eine ganze Reihe von Begriffen liegen bereits komplette Belegsammlungen vor, beispielsweise für solche, die wie ''vikrama''- m., wörtlich „(energisches, zielstrebiges) Ausschreiten“, freier „entschlossenes, energisches, kraftvolles, mutiges Auftreten“, oder ''pratāpa''- m., wörtlich „Glut, Hitze“, freier vielleicht „Glanz, Glorie, Herrlichkeit“ (?), Tugenden oder jedenfalls Eigenschaften des Herrschers bezeichnen. Einschränkend ist in diesem Zusammenhang zu sagen, dass das ursprüngliche Ziel, den gesamten Text nur einmal systematisch durchzuarbeiten, trotz aller Bemühungen nicht erreicht werden kann, weil sich durch die vertiefte Beschäftigung mit der Thematik und vor allem durch die intensive Zusammenarbeit mit den anderen TPs die Spannbreite der an den Text herangetragenen Fragestellungen kontinuierlich erweitert hat, so dass zumindest im Fall der zuerst in Angriff genommenen Bücher 4–7, d. h. im Fall von etwa zwei Fünfteln des Textes, noch einige Ergänzungen vorgenommen werden müssen.


Parallel zur Erhebung des Befundes wurde mit dessen Auswertung begonnen. So haben wir etwa zuletzt – Stichwort Begrifflichkeit – nach der Durchsicht sämtlicher Belege für die Wörter ājñā- f. und śāsana- n., die so viel wie „Befehl, Weisung, Dekret“ bedeuten, im Rahmen der von uns mit organisierten ITW ‚Historische Semantik‘ gezeigt, dass Herrschaft durchaus mit der „Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden“ (Weber 2013) gleichgesetzt werden kann, insofern nämlich aus der Sicht Kalhaṇas die Stabilität königlicher Herrschaft gewissermaßen an der Größe dieser Chance gemessen werden kann. Allerdings erschöpft sich Kalhaṇas Vorstellung von dem, was Herrschaft ist oder ausmacht, keineswegs in dieser Gleichung. Vielmehr steht die Verfügungsgewalt über das Land gleichrangig neben der Befehlsgewalt über die Menschen, die auf dem Land leben, und der Besitz dieser Privilegien geht einher mit der unbedingten Pflicht, für das Gedeihen und das Wohlergehen von Land und Menschen Sorge zu tragen – eine Tatsache, die sich u. a. an Bezeichnungen für den obersten Herrschaftsträger wie beispielsweise bhūbhuj- m., wörtlich etwa „Erd-Nießbraucher“, und bhūpa- m., wörtlich etwa „Erd-Beschützer“, leicht ablesen lässt. Auch dem Phänomen der Macht als etwas der Herrschaft Vorausliegendes, sie Ermöglichendes, zugleich aber auch durch die Erringung der Herrschaft Zunehmendes haben wir uns zunächst vor allem über die Untersuchung der Begrifflichkeit anzunähern versucht. So bezeichnet etwa Sanskrit śakti- f. tendenziell eher Handlungsmacht, d. h. die Kraft oder das Vermögen, etwas zu tun, durchaus auch in einem relationalen Sinn (z. B. jemand anderen zu töten), während demgegenüber Sanskrit prabhāva- m. eher unseren politischen Machtbegriff („Macht über“) mit einbegreift.
Parallel zur Erhebung des Befundes wurde mit dessen Auswertung begonnen. So wurde etwa zuletzt – Stichwort Begrifflichkeit – nach der Durchsicht sämtlicher Belege für die Wörter ''ājñā''- f. und ''śāsana''- n., die so viel wie „Befehl, Weisung, Dekret“ bedeuten, im Rahmen der von dem TP mit organisierten ITW ‚Historische Semantik‘ gezeigt, dass Herrschaft durchaus mit der „Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden“ (Weber 2013) gleichgesetzt werden kann, insofern nämlich aus der Sicht Kalhaṇas die Stabilität königlicher Herrschaft gewissermaßen an der Größe dieser Chance gemessen werden kann. Allerdings erschöpft sich Kalhaṇas Vorstellung von dem, was Herrschaft ist oder ausmacht, keineswegs in dieser Gleichung. Vielmehr steht die Verfügungsgewalt über das Land gleichrangig neben der Befehlsgewalt über die Menschen, die auf dem Land leben, und der Besitz dieser Privilegien geht einher mit der unbedingten Pflicht, für das Gedeihen und das Wohlergehen von Land und Menschen Sorge zu tragen – eine Tatsache, die sich u. a. an Bezeichnungen für den obersten Herrschaftsträger wie beispielsweise ''bhūbhuj''- m., wörtlich etwa „Erd-Nießbraucher“, und ''bhūpa''- m., wörtlich etwa „Erd-Beschützer“, leicht ablesen lässt. Auch wurde versucht, sich dem Phänomen der Macht als etwas der Herrschaft Vorausliegendes, sie Ermöglichendes, zugleich aber auch durch die Erringung der Herrschaft Zunehmendes zunächst vor allem über die Untersuchung der Begrifflichkeit anzunähern. So bezeichnet etwa Sanskrit ''śakti''- f. tendenziell eher Handlungsmacht, d. h. die Kraft oder das Vermögen, etwas zu tun, durchaus auch in einem relationalen Sinn (z. B. jemand anderen zu töten), während demgegenüber Sanskrit ''prabhāva''- m. eher den politischen Machtbegriff („Macht über“) mit einbegreift.


Einen zweiten bereits behandelten Themenbereich stellen die Fragen rund um den Herrschaftsübergang dar. Hier hat sich zum einen gezeigt, dass die Thronfolge im mittelalterlichen Kaschmir in der Darstellung Kalhaṇas sehr häufig „ein teils heimlich, teils öffentlich ausgetragener Machtkampf [war], bei dem unterschiedlichste Personen und Personengruppen versuchten, ihren Favoriten durchzusetzen oder zumindest ihre Position am kaschmirischen Königshof zu verbessern“, und zwar ganz unabhängig davon, dass die Königsherrschaft nach Möglichkeit vom Vater an den (ältesten) Sohn vererbt wurde (Klaus 2019b, 170; vgl. auch Klaus/Wilke 2019). Sodann hat sich im Hinblick auf die (Trans-)Personalität von Herrschaft ergeben, „dass Kalhaṇa zwischen dem rājan, dem König, der Person des Königs, und dem rājya, dem Königtum, dem Amt des Königs, deutlich zu trennen wusste“ (Klaus 2019b, 170), wobei transpersonale Elemente von Herrschaft im Rahmen des Herrschaftsübergangs etwa im Zusammenhang mit der „Königsweihe“ (abhiṣeka- m., wörtlich „Begießung“), d. h. der öffentlichen rituellen Inszenierung der Thronbesteigung, und der darauf folgenden Besetzung der Ämter und Posten greifbar werden. Davon, dass Herrschaft im mittelalterlichen Kaschmir eher von personaler Art war, kann keine Rede sein, und auch auf eine Entwicklung von einer eher personalen hin zu einer stärker transpersonalen Form der Herrschaft deutet nichts hin.
Einen zweiten bereits behandelten Themenbereich stellen die Fragen rund um den Herrschaftsübergang dar. Hier hat sich zum einen gezeigt, dass die Thronfolge im mittelalterlichen Kaschmir in der Darstellung Kalhaṇas sehr häufig „ein teils heimlich, teils öffentlich ausgetragener Machtkampf [war], bei dem unterschiedlichste Personen und Personengruppen versuchten, ihren Favoriten durchzusetzen oder zumindest ihre Position am kaschmirischen Königshof zu verbessern“, und zwar ganz unabhängig davon, dass die Königsherrschaft nach Möglichkeit vom Vater an den (ältesten) Sohn vererbt wurde (Klaus 2019b, 170; vgl. auch Klaus/Wilke 2019). Sodann hat sich im Hinblick auf die (Trans-)Personalität von Herrschaft ergeben, „dass Kalhaṇa zwischen dem ''rājan'', dem König, der Person des Königs, und dem ''rājya'', dem Königtum, dem Amt des Königs, deutlich zu trennen wusste“ (Klaus 2019b, 170), wobei transpersonale Elemente von Herrschaft im Rahmen des Herrschaftsübergangs etwa im Zusammenhang mit der „Königsweihe“ (''abhiṣeka''- m., wörtlich „Begießung“), d. h. der öffentlichen rituellen Inszenierung der Thronbesteigung, und der darauf folgenden Besetzung der Ämter und Posten greifbar werden. Davon, dass Herrschaft im mittelalterlichen Kaschmir eher von personaler Art war, kann keine Rede sein, und auch auf eine Entwicklung von einer eher personalen hin zu einer stärker transpersonalen Form der Herrschaft deutet nichts hin.


Bei der Bearbeitung des Themenfeldes Kritik und Idealisierung hat sich erwartungsgemäß die Annahme bestätigt, dass systematisch zwischen der erzählten Welt, der Geschichtsebene, einerseits und dem Bericht des Erzählers über diese Welt, der Diskursebene, andererseits unterschieden werden muss. Dementsprechend war es notwendig, zunächst einmal die Beschaffenheit des Textes genauer zu untersuchen und zu erklären (vgl. Klaus 2019a; Klaus/Wilke 2020), zuvorderst für die Bearbeiter der anderen TPs, im Weiteren dann aber auch für die Rezipienten der Ergebnisse des TP 11 überhaupt, die ja vielfach keine Indologen sind. Diese Arbeit, die von dem hohen Reflexionsniveau in den anderen literaturwissenschaftlich ausgerichteten Teilprojekten, namentlich im TP 05 Brüggen, in besonderem Maß profitiert, wird derzeit noch durch die Erstellung eines Profils der Erzählerfigur in Kalhaṇas Rājataraṅgiṇī fortgeführt. Auf der Geschichtsebene wurden in Wilke (im Druck; s. Anlage) als Resultat der Zusammenarbeit mit mehreren anderen TPs in der ITW ‚Herrscherkritik‘ zwei Beratungsszenen auf Möglichkeiten der Anbringung von Kritik am Herrscher hin untersucht. Als transkulturell vergleichbarer Aspekt stellte sich dabei die in den Quellentexten greifbare Vorstellung von einem idealen Verhältnis zwischen dem König und seinen Beratern heraus, bei der die wechselseitige Bedingtheit von guter Beratung und guter Herrschaft (TP 15 Plassmann, TP 16 Schwermann) sowie die Forderung nach uneigennützigen Beratern (TP 10 Kellermann, TP 15 Plassmann) eine zentrale Rolle spielten.
Bei der Bearbeitung des Themenfeldes Kritik und Idealisierung hat sich erwartungsgemäß die Annahme bestätigt, dass systematisch zwischen der erzählten Welt, der Geschichtsebene, einerseits und dem Bericht des Erzählers über diese Welt, der Diskursebene, andererseits unterschieden werden muss. Dementsprechend war es notwendig, zunächst einmal die Beschaffenheit des Textes genauer zu untersuchen und zu erklären (vgl. Klaus 2019a; Klaus/Wilke 2020), zuvorderst für die Bearbeiter der anderen TPs, im Weiteren dann aber auch für die Rezipienten der Ergebnisse des TP 11 überhaupt, die ja vielfach keine Indologen sind. Diese Arbeit, die von dem hohen Reflexionsniveau in den anderen literaturwissenschaftlich ausgerichteten Teilprojekten, namentlich im TP 05 Brüggen, in besonderem Maß profitiert, wird derzeit noch durch die Erstellung eines Profils der Erzählerfigur in Kalhaṇas ''Rājataraṅgiṇī'' fortgeführt. Auf der Geschichtsebene wurden als Resultat der Zusammenarbeit mit mehreren anderen TPs in der ITW ‚Herrscherkritik‘ zwei Beratungsszenen auf Möglichkeiten der Anbringung von Kritik am Herrscher hin untersucht (Wilke 2020). Als transkulturell vergleichbarer Aspekt stellte sich dabei die in den Quellentexten greifbare Vorstellung von einem idealen Verhältnis zwischen dem König und seinen Beratern heraus, bei der die wechselseitige Bedingtheit von guter Beratung und guter Herrschaft (TP 15 Plassmann, TP 16 Schwermann) sowie die Forderung nach uneigennützigen Beratern (TP 10 Kellermann, TP 15 Plassmann) eine zentrale Rolle spielten.


Bei der Analyse der Beratungsszenen und ebenso der Berichte über die Herrschaftsübergänge hat sich gezeigt, dass die absolute Monarchie in Kaschmir über die Jahrhunderte hinweg nur sehr sporadisch tatsächlich als solche funktioniert hat, dass sich Macht und Herrschaft dort vielmehr in der Regel in wechselnden Konstellationen auf mehrere Personen oder Personengruppen verteilten. Von daher erscheint es konsequent, nach dem Monarchen in der zweiten Projektphase die übrigen Herrschaftsträger oder allgemeiner gesprochen die herrschernahen Eliten genauer in den Blick zu nehmen und dafür nunmehr über Kalhaṇas Rājataraṅgiṇī hinaus auch die Rājataraṅgiṇīs des Jonarāja und des Śrīvara auszuwerten, d. h. zwei Werke, die bislang trotz ihres unbestreitbaren Quellenwertes auf Seiten der Indologie nur wenig und auf Seiten der südasienbezogenen Geschichtswissenschaft praktisch keine Aufmerksamkeit erfahren haben (vgl. Slaje 2005a). Die textlichen Voraussetzungen dafür sind insofern gegeben, als die für die Zwecke des Projekts bereits ausreichende philologische Erschließung von Kalhaṇas Rājataraṅgiṇī durch die jüngst erschienene Neuausgabe und annotierte deutsche Übersetzung der Harṣaepisode (7,229–1733) durch Walter Slaje (2019) noch einmal bedeutende Fortschritte gemacht hat, Jonarājas Rājataraṅgiṇī durch die 2014 von Slaje vorgelegte kritische Edition samt annotierter englischer Übersetzung als mustergültig erschlossen gelten darf und Śrīvaras Werk in einer brauchbaren Edition von Srikanth Kaul (1966) und einer englischen Übersetzung von Kashi Nath Dhar (1994) vorliegt. Auch die Unterschiede zwischen den Texten, die sich vor allem dadurch ergeben, dass Jonarāja und Śrīvara anders als Kalhaṇa beides Hofgelehrte gewesen sind und ihre Werke im Auftrag des Sultans Zayn al-‘Ābidīn (reg. 1420–1470) verfasst haben, sind bereits in Slaje (2005b) und vor allem in Obrock (2013) beleuchtet worden.
Bei der Analyse der Beratungsszenen und ebenso der Berichte über die Herrschaftsübergänge hat sich gezeigt, dass die absolute Monarchie in Kaschmir über die Jahrhunderte hinweg nur sehr sporadisch tatsächlich als solche funktioniert hat, dass sich Macht und Herrschaft dort vielmehr in der Regel in wechselnden Konstellationen auf mehrere Personen oder Personengruppen verteilten (vgl. Wilke, in Vorb.). Von daher erscheint es konsequent, nach dem Monarchen auch übrigen Herrschaftsträger oder allgemeiner gesprochen die herrschernahen Eliten genauer in den Blick zu nehmen und dafür auch die ''Rājataraṅgiṇī''s des Jonarāja und des Śrīvara auszuwerten, d. h. zwei Werke, die bislang trotz ihres unbestreitbaren Quellenwertes auf Seiten der Indologie nur wenig und auf Seiten der südasienbezogenen Geschichtswissenschaft praktisch keine Aufmerksamkeit erfahren haben (vgl. Slaje 2005a).


Inhaltlich wird mit dem hier vorgeschlagenen TP 11 weitestgehend Neuland betreten, da den Eliten in den mittelalterlichen indischen Monarchien bislang innerhalb der Indologie noch gar kein und innerhalb der südasienbezogenen Geschichtswissenschaft nur wenig Interesse entgegengebracht worden ist. Eine gewisse Orientierung für Forschungen auf diesem Gebiet bieten Ali (2006) und Dartmann et al. (2015), auch wenn in ersterem kaschmirische Befunde nicht und in letzterem indische Befunde aus vorislamischer Zeit kaum mit einbezogen worden sind. Darüber hinaus können als Vorarbeiten gelten:
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*die Indizes und Appendizes, die Marc Aurel Stein seiner Übersetzung von Kalhaṇas Rājataraṅgiṇī beigegeben hat;
== Forschungsdaten - wo sind sie zu finden? ==
*die sich mit den Verwaltungsstrukturen im mittelalterlichen Kaschmir beschäftigenden Kapitel in den Studien von Ray (1957), Saxena (1974) und Mohan (1981), die auf Kalhaṇas Rājataraṅgiṇī fußen und bereits während der ersten Projektphase einbezogen worden sind;
 
*die auf der Basis von normativen Texten wie dem Kauṭilya-Arthaśāstra angefertigten Studien zu den Verwaltungsstrukturen des altindischen Staates wie beispielsweise Scharfe (1968, 144–232) („Die Beamten“);
*die den Anfängen der muslimischen Herrschaft im spätmittelalterlichen Kaschmir gewidmeten Kapitel in Parmu (1969).
 
Eigene Vorarbeiten für eine Untersuchung zu den mittelalterlichen kaschmirischen Elitengruppen bestehen zum einen in einer 2013 von Theresa Wilke, der vorgesehenen Projektmitarbeiterin, als Magisterarbeit vorgelegten Studie zu den Ereignissen, die 1339 zur bereits erwähnten Errichtung einer muslimischen Herrschaft geführt haben, und zum anderen in den umfänglichen Belegsammlungen zum Thema, die im Verlauf der ersten Projektphase angelegt worden sind.
 
== Forschungsdaten ==


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== Primärquellen ==
== Primärquellen ==
*Kalhaṇa’s Rājataraṅgiṇī or Chronicle of the Kings of Kashmir. Ed. by M[arc] A[urel] Stein, Vol 1: Sanskrit Text with Critical Notes. Bombay 1892.
*Rājataraṅgiṇī of Kalhaṇa: Ed., Crit., and Annotated. With Text-Comparative Data from the Original Manuscripts and other Available Materials by Vishva Bandhu, ed. and transl. by. Viśvabandhu Śāstrī, 2 Bde., Hoshiarpur 1963–1965.


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== Sekundärquellen - Bibliografie ==
== Sekundärquellen - Bibliografie ==
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*Ders. (ed.) (2014), Kingship in Kaśmīr (AD 1148–1459). From the Pen of Jonarāja, Court Paṇḍit to Sulṭān Zayn al-‘Ābidīn. Critically ed. with an Annotated Translation, Indexes and Maps (Studia Indologica Universitatis Halensis 7), Halle a. d. Saale.  
*Ders. (ed.) (2014), Kingship in Kaśmīr (AD 1148–1459). From the Pen of Jonarāja, Court Paṇḍit to Sulṭān Zayn al-‘Ābidīn. Critically ed. with an Annotated Translation, Indexes and Maps (Studia Indologica Universitatis Halensis 7), Halle a. d. Saale.  
*Ders. (Hg.) (2019), Harṣa von Kaschmir. Ein politisches Sittengemälde aus dem indischen Mittelalter. Kalhaṇas Rājataraṅgiṇī (Buch 7) mit annotierter Übersetzung kritisch neu hrsg. (Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz; Veröffentlichungen der Fächergruppenkommission für Außereuropäische Sprachen und Kulturen; Studien zur Indologie 4), Wiesbaden.  
*Ders. (Hg.) (2019), Harṣa von Kaschmir. Ein politisches Sittengemälde aus dem indischen Mittelalter. Kalhaṇas Rājataraṅgiṇī (Buch 7) mit annotierter Übersetzung kritisch neu hrsg. (Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz; Veröffentlichungen der Fächergruppenkommission für Außereuropäische Sprachen und Kulturen; Studien zur Indologie 4), Wiesbaden.  
*Marc Aurel Stein (1900/2001), Kalhana’s Rajatarangini. A Chronicle of the Kings of Kash¬mir, 2 Bde., Westminster.
*Marc Aurel Stein (1900/2001), Kalhana’s Rajatarangini. A Chronicle of the Kings of Kashmir, 2 Bde., Westminster.  
 
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== Publikationslisten ==
== Publikationslisten ==
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=== Veröffentlichungen ===
=== Veröffentlichungen ===


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*Konrad Klaus (2019a), Kalhaṇas ‚Rājataraṅgiṇī‘: ein indisches Pendant zur ‚Kaiserchronik‘?, in: Elke Brüggen (ed.), Erzählen von Macht und Herrschaft. Die ‚Kaiserchronik‘ im Kontext zeitgenössischer Geschichtsschreibung und Geschichtsdichtung (Macht und Herrschaft 5), Göttingen, 133–160.
*Ders. (2019b), Die Thronfolge im mittelalterlichen Kaschmir, dargestellt nach der ‚Rājataraṅgiṇī‘ des Kalhaṇa, in: Matthias Becher (ed.), Transkulturelle Annäherungen an Macht und Herrschaft. Spannungsfelder und Geschlechterdimensionen (Macht und Herrschaft 11), Göttingen, 145–171.
*Ders./Theresa Wilke (2020), König Cakravarman (reg. 923–933, 935 und 936–937): Held in der Schlacht – Versager auf dem Thron, in: Elke Brüggen (ed.), Macht und Herrschaft als transkulturelle Phänomene. Texte – Bilder – Artefakte (Macht und Herrschaft 13), Göttingen. [im Druck, s. Anlage]
*Ders./Theresa Wilke (2019), Die Thronbesteigung Durlabhavardhanas und weitere ‚unübliche‘ Fälle des Herrschaftübergangs im mittelalterlichen Kaschmir, dargestellt nach der ‚Rājataraṅgiṇī‘ des Kalhaṇa, in: Tilmann Trausch (ed.), Norm, Normabweichung und Praxis des Herrschaftsübergangs in transkultureller Perspektive (Macht und Herrschaft 3), Göttingen, 135–157.
*Theresa Wilke (2020), Zum Scheitern beraten. Zwei Ratsszenen im Kontext des Sturzes König Harṣas, in: Alheydis Plassmann (ed.), Die Figur des Ratgebers (Studien zu Macht und Herrschaft 6), Göttingen 2020.
*Dies. (2019), Harṣa von Kaschmir. Ein Herrscherportrait aus dem mittelalterlichen Indien (Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz; Veröffentlichungen der Fächergruppenkommission für Außereuropäische Sprachen und Kulturen; Studien zur Indologie 5), Wiesbaden.
*Dies. (in Vorb.), Erkaufte Herrschaft. Das politische Kräfteverhältnis zur Zeit der Utpala-Dynastie (855–939) in Kaschmir, in: Diana Ordubadi/ Dittmar Dahlmann (edd.), Die 'Alleinherrschaft' der russischen Zaren in der 'Zeit der Wirren' in transkultureller Perspektive (Macht und Herrschaft 10), Göttingen (in Vorb.), 85–103.


=== Tagungsteilnahmen ===
=== Tagungsteilnahmen ===


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*33. Deutscher Orientalistentag in Jena (18.09.2017–22.09.2017)


=== Veranstaltungen (Kolloquien, ...) ===
=== Veranstaltungen (Kolloquien, ...) ===


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*Internationale Tagung: „Die Macht des Herrschers – personale und transpersonale Aspekte“ zu Spannungsfeld B des SFB 1167 (23.11.17–25.11.17)


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== Spannungsfelder assoziierte TP's ==


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== Projekt ==


== Aktuelle Forschung (Andere Projekte mit ähnlicher Forschung) ==
=== Projektleitung ===


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'''Prof. Dr. Konrad Klaus'''


== Linked Open Data (hilfreiche Webseiten/Links) ==
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn<br/> Institut für Orient- und Asienwissenschaften<br/> Abteilung für Südasienstudien<br/> Brühler Str. 7<br/> 53119 Bonn


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+49-(0)228-737463


konrad.klaus[at]uni-bonn.de
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== Projekt ==
=== Projektmitarbeit ===
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=== Projektleitung ===


Prof. Dr. Konrad Klaus
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Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
<div class="mitarbeiter">
Institut für Orient- und Asienwissenschaften
'''Dr. Theresa Wilke''' (Wissenschaftliche Mitarbeiterin)
Abteilung für Südasienstudien
Brühler Str. 7
53119 Bonn


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Sonderforschungsbereich 1167 "Macht und Herrschaft"<br/> Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn<br/> Poppelsdorfer Allee 24<br/> 53115 Bonn


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== Spannungsfelder assoziierte TP's ==
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Morenz</div> </div> <div class="item-wrapper"><div class="item-header">[[Herrschaftsrepräsentation_und_Zeremoniell_am_Moghulhof|Herrschaftsrepräsentation und Zeremoniell am Moghulhof]]</div> <div class="item-body">Prof. Dr. Eva Orthmann</div> </div> <div class="item-wrapper"><div class="item-header">[[Reproduktion_von_Eliten_im_japanischen_Mittelalter_durch_Delegierung_und_Aufspaltung_königlicher_Herrschaft|Reproduktion von Eliten im japanischen Mittelalter durch Delegierung und Aufspaltung königlicher Herrschaft]]</div> <div class="item-body">PD Dr. Detlev Taranczewski, Jun.-Prof. Dr. Daniel F. Schley</div> </div> <div class="item-wrapper"><div class="item-header">[[Bilder_vom_König._Macht_und_Herrschaft_der_ostfränkisch-deutschen_Könige_im_Siegel-_und_Münzbild_(936–1250)|Bilder vom König.<br/> Macht und Herrschaft der ostfränkisch-deutschen Könige im Siegel- und Münzbild (936–1250)]]</div> <div class="item-body">Prof. Dr. Andrea Stieldorf</div> </div> <div class="item-wrapper"><div class="item-header">[[Macht_und_Herrschaft_in_indo-persischen_historiographischen_Texten_aus_der_Zeit_des_Delhisultanates_(1206–1526)|Macht und Herrschaft in indo-persischen historiographischen Texten aus der Zeit des Delhisultanates (1206–1526)]]</div> <div class="item-body">Prof. Dr. Stephan Conermann</div> </div> <div class="item-wrapper"><div class="item-header">[[Englische_Königsherrschaft_im_Spiegel_der_Tyrannenschelte_(1066–1216)|Englische Königsherrschaft im Spiegel der Tyrannenschelte (1066–1216)]]</div> <div class="item-body">PD Dr. Alheydis Plassmann</div> </div> <div class="item-wrapper"><div class="item-header">[[Herrschaftssicherung_durch_Konsensorientierung:_Die_Institutionalisierung_von_Kritik_in_China_von_der_Antike_bis_in_die_frühe_Kaiserzeit|Herrschaftssicherung durch Konsensorientierung:<br/> Die Institutionalisierung von Kritik in China von der Antike bis in die frühe Kaiserzeit]]</div> <div class="item-body">PD Dr. Christian Schwermann, Sinologie</div> </div> <div class="item-wrapper"><div class="item-header">[[Prekäre_Divinität:_sakrale_Selbstdefinitionen_des_Kaisers_in_Rom_im_Konflikt_konkurrierender_Herrschaftsbegründungen|Prekäre Divinität:<br/> sakrale Selbstdefinitionen des Kaisers in Rom im Konflikt konkurrierender Herrschaftsbegründungen]]</div> <div class="item-body">Prof. Dr. Konrad Vössing</div> </div> <div class="item-wrapper"><div class="item-header">[[Der_König_als_Gast_–_Haus_und_Herrschaft_in_der_profanen_Wandmalerei|Der König als Gast – Haus und Herrschaft in der profanen Wandmalerei]]</div> <div class="item-body">Prof. Dr. Harald Wolter-von dem Knesebeck</div> </div> </div> </div>
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== Aktuelle Forschung (Andere Projekte mit ähnlicher Forschung) ==


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=== Projektmitarbeit ===
== Linked Open Data (hilfreiche Webseiten/Links) ==


Dr. Theresa Wilke (Wissenschaftliche Mitarbeiterin)
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Sonderforschungsbereich 1167 "Macht und Herrschaft"
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+49-(0)228-7354474
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Aktuelle Version vom 21. Juni 2021, 18:21 Uhr

11 – TP Klaus


Indologie

Das Teilprojekt untersucht die Fragestellungen zu Aspekten der Teilhabe an Macht und der Ausübung von Herrschaft anhand der Darstellung des kaschmirischen Dichters Kalhaṇa (gest. 1149/1150) und richtet daher einen besonderen Fokus auf das mittelalterliche Kaschmir.

 

Abstract

Den Ausgangspunkt des Teilprojektes bildet die nicht ganz 8.000 Strophen umfassende Rājataraṅgiṇī („Der Strom der Könige“) des Kalhaṇa, ein behelfsmäßig zumeist als ‚Chronik‘ bezeichnetes Werk, in dem die Geschichte der Herrscher von Kaschmir von einer mythischen Anfangszeit bis zum Jahr 1149/50 n. Chr., dem Jahr der Vollendung des Werkes, erzählt wird. In beeindruckender Weise erfüllt der Autor Kalhaṇa darin den von ihm selbst in der Einleitung des Werkes erhobenen Anspruch auf Faktizität und Literarizität – den Anspruch auf Faktizität durch ein zwar von (zumindest aus unserer Sicht) phantastischen Elementen nicht völlig freies, aber doch für indische Verhältnisse bemerkenswert realistisches, auf eine mythologische „Einbettung“ (THAPAR 1994) des Geschehens weitgehend verzichtendes, vielfach zumindest potentiell in einer außertextlichen Wirklichkeit referenzialisierbares historisches Erzählen, das auf ausgiebigem Quellenstudium beruht und sich um eine faire Beurteilung der Protagonisten der Geschichte bemüht; den Anspruch auf Literarizität durch die Verwendung von Darstellungsformen, die dem Bereich fiktionalen Erzählens zuzuordnen sind (etwa Figurenrede oder Darstellung des Innenlebens der Figuren) und vormoderne indische ästhetische Normen erfüllen (etwa die durchgängige Verwendung von Laut- und Sinnfiguren, durch die eine bestimmte, vom Rezipienten zu genießende Stimmung hervorgerufen werden soll). Zusätzliche Komplexität gewinnt der Text durch zahlreiche Erzählerkommentare, die beispielsweise seine Didaktizität verstärken – zukünftigen Herrschern sollen Cäsarenlaunen ausgetrieben und Mäßigung nahegelegt, in allen übrigen Rezipienten hingegen Einsicht in die Unzulänglichkeiten menschlicher Existenz und Sehnsucht nach Erlösung erzeugt werden –, oder dazu dienen, Probleme zu benennen und zu reflektieren, die sich bei der narrativen Repräsentation der Wirklichkeit auftun. Anders als die Autoren anderer, beispielsweise der in Indien weit verbreiteten panegyrischen Dichtungswerke erzählt Kalhaṇa nicht nur von Königen, die in mustergültiger Weise die für das Königtum geltenden Normen erfüllen, sondern ebenso, gar überwiegend, von scheiternden Königen, von solchen, die mit der ihnen durch ihre hervorgehobene Stellung zuwachsenden Verantwortung nicht zurechtkommen, von paranoiden Versagern, sexsüchtigen Verschwendern und grausamen Tyrannen. Und durch die gekonnte Ausnutzung fiktionaler Spielräume gelingt es ihm vorzüglich, all diese verschiedenen Herrscher in einer Vielzahl von Lebens- und Handlungssituationen vorzuführen, in öffentlichen wie in privaten.

Ziel des Teilprojektes ist es, ausgehend von einer genauen, narratologisch informierten Analyse und Beschreibung dessen, was in der Rājataraṅgiṇī aus dem bzw. über das Leben der Herrscher von Kaschmir erzählt wird, und der Art und Weise, wie es erzählt wird, sämtliche von Kalhaṇa zur Sprache gebrachten Formen und Praktiken von Macht und Herrschaft durch den König zu erfassen und im Hinblick auf die übergeordneten Fragestellungen des SFB auszuwerten. Dabei muss und soll stets die Tatsache im Auge behalten werden, dass es sich bei der Rājataraṅgiṇī um ein Werk der Dichtkunst handelt, betont doch Kalhaṇa selbst in der Einleitung zu seinem Werk, dass er sich zwar einerseits um äußerste Faktentreue bemüht, dass es aber andererseits seine dichterische Imaginationskraft (Sanskrit pratibhā) ist, die ihn in die Lage versetzt, die Personen und die Ereignisse vergangener Zeiten wieder lebendig werden zu lassen. Vor diesem Hintergrund soll weniger über den Grad der Historizität dessen, was in der Rājataraṅgiṇī erzählt wird, spekuliert werden, vielmehr soll herausgearbeitet werden, wie Macht- und Herrschaftsbeziehungen von Kalhaṇa wahrgenommen und in seinem Werk dargestellt werden, und welche Vorstellungen und Überzeugungen ihn bei der Darstellung leiten.

 

Ergebnisse - was wurde erreicht?

Während der ersten Projektphase bestand das Ziel des TP 11 darin, sämtliche in Kalhaṇas Rājataraṅgiṇī zur Sprache kommenden Formen, Praktiken, Aspekte der Teilhabe an Macht und der Ausübung von Herrschaft durch den obersten Herrschaftsträger zunächst einmal zu erfassen und den so ermittelten Befund dann im Hinblick auf die übergeordneten Fragestellungen des Sonderforschungsbereichs und im ständigen Austausch mit den übrigen TPs auszuwerten. Dabei stehen insbesondere Fragen (1) der Begrifflichkeit, (2) der Personalität und Transpersonalität von Macht und Herrschaft (Spannungsfeld B) sowie (3) der Kritik und/oder Idealisierung der Ausübung von Macht und Herrschaft durch den obersten Herrschaftsträger (Spannungsfeld D) im Mittelpunkt des Interesses.

Die systematische Verzettelung des Quellentextes hat gute Fortschritte gemacht und für eine ganze Reihe von Begriffen liegen bereits komplette Belegsammlungen vor, beispielsweise für solche, die wie vikrama- m., wörtlich „(energisches, zielstrebiges) Ausschreiten“, freier „entschlossenes, energisches, kraftvolles, mutiges Auftreten“, oder pratāpa- m., wörtlich „Glut, Hitze“, freier vielleicht „Glanz, Glorie, Herrlichkeit“ (?), Tugenden oder jedenfalls Eigenschaften des Herrschers bezeichnen. Einschränkend ist in diesem Zusammenhang zu sagen, dass das ursprüngliche Ziel, den gesamten Text nur einmal systematisch durchzuarbeiten, trotz aller Bemühungen nicht erreicht werden kann, weil sich durch die vertiefte Beschäftigung mit der Thematik und vor allem durch die intensive Zusammenarbeit mit den anderen TPs die Spannbreite der an den Text herangetragenen Fragestellungen kontinuierlich erweitert hat, so dass zumindest im Fall der zuerst in Angriff genommenen Bücher 4–7, d. h. im Fall von etwa zwei Fünfteln des Textes, noch einige Ergänzungen vorgenommen werden müssen.

Parallel zur Erhebung des Befundes wurde mit dessen Auswertung begonnen. So wurde etwa zuletzt – Stichwort Begrifflichkeit – nach der Durchsicht sämtlicher Belege für die Wörter ājñā- f. und śāsana- n., die so viel wie „Befehl, Weisung, Dekret“ bedeuten, im Rahmen der von dem TP mit organisierten ITW ‚Historische Semantik‘ gezeigt, dass Herrschaft durchaus mit der „Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden“ (Weber 2013) gleichgesetzt werden kann, insofern nämlich aus der Sicht Kalhaṇas die Stabilität königlicher Herrschaft gewissermaßen an der Größe dieser Chance gemessen werden kann. Allerdings erschöpft sich Kalhaṇas Vorstellung von dem, was Herrschaft ist oder ausmacht, keineswegs in dieser Gleichung. Vielmehr steht die Verfügungsgewalt über das Land gleichrangig neben der Befehlsgewalt über die Menschen, die auf dem Land leben, und der Besitz dieser Privilegien geht einher mit der unbedingten Pflicht, für das Gedeihen und das Wohlergehen von Land und Menschen Sorge zu tragen – eine Tatsache, die sich u. a. an Bezeichnungen für den obersten Herrschaftsträger wie beispielsweise bhūbhuj- m., wörtlich etwa „Erd-Nießbraucher“, und bhūpa- m., wörtlich etwa „Erd-Beschützer“, leicht ablesen lässt. Auch wurde versucht, sich dem Phänomen der Macht als etwas der Herrschaft Vorausliegendes, sie Ermöglichendes, zugleich aber auch durch die Erringung der Herrschaft Zunehmendes zunächst vor allem über die Untersuchung der Begrifflichkeit anzunähern. So bezeichnet etwa Sanskrit śakti- f. tendenziell eher Handlungsmacht, d. h. die Kraft oder das Vermögen, etwas zu tun, durchaus auch in einem relationalen Sinn (z. B. jemand anderen zu töten), während demgegenüber Sanskrit prabhāva- m. eher den politischen Machtbegriff („Macht über“) mit einbegreift.

Einen zweiten bereits behandelten Themenbereich stellen die Fragen rund um den Herrschaftsübergang dar. Hier hat sich zum einen gezeigt, dass die Thronfolge im mittelalterlichen Kaschmir in der Darstellung Kalhaṇas sehr häufig „ein teils heimlich, teils öffentlich ausgetragener Machtkampf [war], bei dem unterschiedlichste Personen und Personengruppen versuchten, ihren Favoriten durchzusetzen oder zumindest ihre Position am kaschmirischen Königshof zu verbessern“, und zwar ganz unabhängig davon, dass die Königsherrschaft nach Möglichkeit vom Vater an den (ältesten) Sohn vererbt wurde (Klaus 2019b, 170; vgl. auch Klaus/Wilke 2019). Sodann hat sich im Hinblick auf die (Trans-)Personalität von Herrschaft ergeben, „dass Kalhaṇa zwischen dem rājan, dem König, der Person des Königs, und dem rājya, dem Königtum, dem Amt des Königs, deutlich zu trennen wusste“ (Klaus 2019b, 170), wobei transpersonale Elemente von Herrschaft im Rahmen des Herrschaftsübergangs etwa im Zusammenhang mit der „Königsweihe“ (abhiṣeka- m., wörtlich „Begießung“), d. h. der öffentlichen rituellen Inszenierung der Thronbesteigung, und der darauf folgenden Besetzung der Ämter und Posten greifbar werden. Davon, dass Herrschaft im mittelalterlichen Kaschmir eher von personaler Art war, kann keine Rede sein, und auch auf eine Entwicklung von einer eher personalen hin zu einer stärker transpersonalen Form der Herrschaft deutet nichts hin.

Bei der Bearbeitung des Themenfeldes Kritik und Idealisierung hat sich erwartungsgemäß die Annahme bestätigt, dass systematisch zwischen der erzählten Welt, der Geschichtsebene, einerseits und dem Bericht des Erzählers über diese Welt, der Diskursebene, andererseits unterschieden werden muss. Dementsprechend war es notwendig, zunächst einmal die Beschaffenheit des Textes genauer zu untersuchen und zu erklären (vgl. Klaus 2019a; Klaus/Wilke 2020), zuvorderst für die Bearbeiter der anderen TPs, im Weiteren dann aber auch für die Rezipienten der Ergebnisse des TP 11 überhaupt, die ja vielfach keine Indologen sind. Diese Arbeit, die von dem hohen Reflexionsniveau in den anderen literaturwissenschaftlich ausgerichteten Teilprojekten, namentlich im TP 05 Brüggen, in besonderem Maß profitiert, wird derzeit noch durch die Erstellung eines Profils der Erzählerfigur in Kalhaṇas Rājataraṅgiṇī fortgeführt. Auf der Geschichtsebene wurden als Resultat der Zusammenarbeit mit mehreren anderen TPs in der ITW ‚Herrscherkritik‘ zwei Beratungsszenen auf Möglichkeiten der Anbringung von Kritik am Herrscher hin untersucht (Wilke 2020). Als transkulturell vergleichbarer Aspekt stellte sich dabei die in den Quellentexten greifbare Vorstellung von einem idealen Verhältnis zwischen dem König und seinen Beratern heraus, bei der die wechselseitige Bedingtheit von guter Beratung und guter Herrschaft (TP 15 Plassmann, TP 16 Schwermann) sowie die Forderung nach uneigennützigen Beratern (TP 10 Kellermann, TP 15 Plassmann) eine zentrale Rolle spielten.

Bei der Analyse der Beratungsszenen und ebenso der Berichte über die Herrschaftsübergänge hat sich gezeigt, dass die absolute Monarchie in Kaschmir über die Jahrhunderte hinweg nur sehr sporadisch tatsächlich als solche funktioniert hat, dass sich Macht und Herrschaft dort vielmehr in der Regel in wechselnden Konstellationen auf mehrere Personen oder Personengruppen verteilten (vgl. Wilke, in Vorb.). Von daher erscheint es konsequent, nach dem Monarchen auch übrigen Herrschaftsträger oder allgemeiner gesprochen die herrschernahen Eliten genauer in den Blick zu nehmen und dafür auch die Rājataraṅgiṇīs des Jonarāja und des Śrīvara auszuwerten, d. h. zwei Werke, die bislang trotz ihres unbestreitbaren Quellenwertes auf Seiten der Indologie nur wenig und auf Seiten der südasienbezogenen Geschichtswissenschaft praktisch keine Aufmerksamkeit erfahren haben (vgl. Slaje 2005a).

 

Forschungsdaten - wo sind sie zu finden?

 

Primärquellen

  • Kalhaṇa’s Rājataraṅgiṇī or Chronicle of the Kings of Kashmir. Ed. by M[arc] A[urel] Stein, Vol 1: Sanskrit Text with Critical Notes. Bombay 1892.
  • Rājataraṅgiṇī of Kalhaṇa: Ed., Crit., and Annotated. With Text-Comparative Data from the Original Manuscripts and other Available Materials by Vishva Bandhu, ed. and transl. by. Viśvabandhu Śāstrī, 2 Bde., Hoshiarpur 1963–1965.

 

Sekundärquellen - Bibliografie

  • Daud Ali (2006), Courtly Culture and Political Life in Early Medieval India (Cambridge Studies in Indian History and Society, 10), Cambridge.
  • Christoph Dartmann et al. (2015), Eliten in transkultureller Perspektive, in: Wolfram Drews et al. (edd.), Monarchische Herrschaftsformen der Vormoderne in transkultureller Perspektive (Europa im Mittelalter, Abhandlungen und Beiträge zur historischen Komparatistik 26), Berlin et al., 33–173.
  • Krishna Mohan (1981), Early Medieval History of Kashmir (With Special Reference to the Loharas, A.D. 1003–1171), New Delhi.
  • Luther Obrock (2013), History at the End of History: Śrīvara’s Jainataraṅgiṇī, in: Indian Economic and Social History Review 50, 221–236.
  • Radha Krishna Parmu (1969), A History of Muslim Rule in Kashmir 1320–1819, Delhi.
  • Sunil Chandra Ray (1957), Early history and culture of Kashmir, Calcutta.
  • Hartmut Scharfe (1968), Untersuchungen zur Staatsrechtslehre des Kauṭalya, Wiesbaden.
  • Krishna Swaroop Saxena (1974), Political history of Kashmir (B.C. 300 – A.D. 1200), Lucknow.
  • Walter Slaje (2005a), Kaschmir im Mittelalter und die Quellen der Geschichtswissenschaft. Essay mit Anmerkungen, in: Indo-Iranian Journal 48, 1–70.
  • Ders. (2005b), A Note on the Genesis and Character of Śrīvara’s So-Called “Jaina-Rājataraṅgiṇī”, in: Journal of the American Oriental Society 125, 379–388.
  • Ders. (ed.) (2014), Kingship in Kaśmīr (AD 1148–1459). From the Pen of Jonarāja, Court Paṇḍit to Sulṭān Zayn al-‘Ābidīn. Critically ed. with an Annotated Translation, Indexes and Maps (Studia Indologica Universitatis Halensis 7), Halle a. d. Saale.
  • Ders. (Hg.) (2019), Harṣa von Kaschmir. Ein politisches Sittengemälde aus dem indischen Mittelalter. Kalhaṇas Rājataraṅgiṇī (Buch 7) mit annotierter Übersetzung kritisch neu hrsg. (Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz; Veröffentlichungen der Fächergruppenkommission für Außereuropäische Sprachen und Kulturen; Studien zur Indologie 4), Wiesbaden.
  • Marc Aurel Stein (1900/2001), Kalhana’s Rajatarangini. A Chronicle of the Kings of Kashmir, 2 Bde., Westminster.

 

 

Publikationslisten

Veröffentlichungen

  • Konrad Klaus (2019a), Kalhaṇas ‚Rājataraṅgiṇī‘: ein indisches Pendant zur ‚Kaiserchronik‘?, in: Elke Brüggen (ed.), Erzählen von Macht und Herrschaft. Die ‚Kaiserchronik‘ im Kontext zeitgenössischer Geschichtsschreibung und Geschichtsdichtung (Macht und Herrschaft 5), Göttingen, 133–160.
  • Ders. (2019b), Die Thronfolge im mittelalterlichen Kaschmir, dargestellt nach der ‚Rājataraṅgiṇī‘ des Kalhaṇa, in: Matthias Becher (ed.), Transkulturelle Annäherungen an Macht und Herrschaft. Spannungsfelder und Geschlechterdimensionen (Macht und Herrschaft 11), Göttingen, 145–171.
  • Ders./Theresa Wilke (2020), König Cakravarman (reg. 923–933, 935 und 936–937): Held in der Schlacht – Versager auf dem Thron, in: Elke Brüggen (ed.), Macht und Herrschaft als transkulturelle Phänomene. Texte – Bilder – Artefakte (Macht und Herrschaft 13), Göttingen. [im Druck, s. Anlage]
  • Ders./Theresa Wilke (2019), Die Thronbesteigung Durlabhavardhanas und weitere ‚unübliche‘ Fälle des Herrschaftübergangs im mittelalterlichen Kaschmir, dargestellt nach der ‚Rājataraṅgiṇī‘ des Kalhaṇa, in: Tilmann Trausch (ed.), Norm, Normabweichung und Praxis des Herrschaftsübergangs in transkultureller Perspektive (Macht und Herrschaft 3), Göttingen, 135–157.
  • Theresa Wilke (2020), Zum Scheitern beraten. Zwei Ratsszenen im Kontext des Sturzes König Harṣas, in: Alheydis Plassmann (ed.), Die Figur des Ratgebers (Studien zu Macht und Herrschaft 6), Göttingen 2020.
  • Dies. (2019), Harṣa von Kaschmir. Ein Herrscherportrait aus dem mittelalterlichen Indien (Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz; Veröffentlichungen der Fächergruppenkommission für Außereuropäische Sprachen und Kulturen; Studien zur Indologie 5), Wiesbaden.
  • Dies. (in Vorb.), Erkaufte Herrschaft. Das politische Kräfteverhältnis zur Zeit der Utpala-Dynastie (855–939) in Kaschmir, in: Diana Ordubadi/ Dittmar Dahlmann (edd.), Die 'Alleinherrschaft' der russischen Zaren in der 'Zeit der Wirren' in transkultureller Perspektive (Macht und Herrschaft 10), Göttingen (in Vorb.), 85–103.

Tagungsteilnahmen

  • 33. Deutscher Orientalistentag in Jena (18.09.2017–22.09.2017)

Veranstaltungen (Kolloquien, ...)

  • Internationale Tagung: „Die Macht des Herrschers – personale und transpersonale Aspekte“ zu Spannungsfeld B des SFB 1167 (23.11.17–25.11.17)

 

 

Projekt

Projektleitung


Prof. Dr. Konrad Klaus

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Institut für Orient- und Asienwissenschaften
Abteilung für Südasienstudien
Brühler Str. 7
53119 Bonn

+49-(0)228-737463

konrad.klaus[at]uni-bonn.de

 

 

Projektmitarbeit


Dr. Theresa Wilke (Wissenschaftliche Mitarbeiterin)

Sonderforschungsbereich 1167 "Macht und Herrschaft"
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Poppelsdorfer Allee 24
53115 Bonn

+49-(0)228-7354474

twilke[at]uni-bonn.de

 

Spannungsfelder assoziierte TP's

 

Aktuelle Forschung (Andere Projekte mit ähnlicher Forschung)

 

 

Linked Open Data (hilfreiche Webseiten/Links)